Konservierung, Forschung und Gleichstellung stehen im Mittelpunkt der Arbeit von Kim Totaro im MNHN.
Sie ist eine der wenigen luxemburgischen Geologinnen, die sich auf Minerale spezialisiert haben – eine echte Seltenheit!
Geschickt verbindet sie den Erhalt der luxemburgischen Mineralsammlung mit innovativer Forschung, die international ausstrahlt. Treffen Sie Kim Totaro, Assistentin für Konservierung im Bereich Geologie-Mineralogie im Nationalmuseum für Naturgeschichte (MNHN).
KONSERVIERUNG, FORSCHUNG und GLEICHSTELLUNG bestimmen den Rhythmus ihrer Arbeit im dynamischen Bereich der Mineralogie.
Kim beschreibt ihre aktuelle Arbeit im Museum als „die Stelle ihrer Träume“! Nicht weniger als das! Tatsächlich sind in Luxemburg die Möglichkeiten in der Geologie so selten wie ein vergrabener Schatz. Während sich in Frankreich und Australien die Geologen tummeln, sind sie bei uns eine eher seltene Spezies – und das trifft noch stärker auf die Mineralogie zu. Kim hat das Glück, täglich mit einer Welt voller geheimnisvoller und unterschätzter Minerale aus Luxemburg und allen Teilen der Welt in Berührung zu kommen. Für den öffentlichen Dienst zu arbeiten, bedeutet auch: seltenes Fachwissen erlangen und sich der Forschung und Entwicklung in einem wichtigen Bereich widmen. Kim erfuhr dies schon bei ihren ersten Praktika im Nationalmuseum für Naturgeschichte während ihres Studiums.
Simon Philippo, der Visionär in der Mineralogie, der übrigens von Anfang an ihr Ratgeber und Mentor war, ist inzwischen zu ihrem intellektuellen Verbündeten geworden. Sie sind auf einer Wellenlänge, ergänzen und beflügeln einander. Eine Verbindung, die im Laufe der Jahre gewachsen ist, vom Hörsaal bis hin zur faszinierenden Realität des Museums.
KONSERVIERUNG
Die Kunst, die Sammlungen des Museums zu hegen und zu pflegen
Die Minerale zu klassifizieren und zu organisieren, sie sorgfältig zu polieren und zu pflegen und sie dann nach ihren Kategorien und Eigenschaften in die Datenbank einzugeben – das sind die Grundlagen der Konservierungsarbeit. Manche Minerale sind licht-, temperatur- oder feuchtigkeitsempfindlicher als andere: Da darf nichts dem Zufall überlassen werden. Neben den Standard-Reinigungs- und -Klassifizierungsaufgaben, die Methode und Akribie erfordern, stützt sich die Arbeit auf Kims umfangreiches Wissen, denn sie kann die Herkunft von Mineralen erkennen und bestimmen und sie „nach ihrer Chemie“ einstufen.
„Es gibt Phosphate, Silikate, Carbonate und verschiedene Unterklassen“, erklärt sie. „Die Herkunft der Minerale zu kennen, ist von wesentlicher Bedeutung. Kennt man sie nicht, kann man nichts machen. Das ist, als hätte man einen Wein ohne Jahrgangsangabe.“
Eine anspruchsvolle technische Arbeit? Aufgaben, die die Genauigkeit des sorgfältigsten Labormitarbeiters erfordern? Sicher! Ebenso braucht es allerdings das Auge eines Poeten und die Liebe zu den überraschenden Formen, die Minerale annehmen können.
„Für mich bedeutet diese Arbeit, jeden Tag aufs Neue Zugang zur Schönheit und Poesie der Natur zu finden – durch die Minerale“, fährt sie fort. „Es sind rohe Schätze, gefangen in der Erde, die sie geschaffen hat. Ich sage immer: Minerale sind die Blüten der Erde. Millionen von Jahren schlummern sie im Boden, und nach und nach kommt eine Kombination chemischer Elemente zusammen, die ihnen ein erhabenes Aussehen verleiht und oft perfekte geometrische Formen und faszinierende Farben hervorbringt.“ Im Museum sind sie in der „Schatzkammer“ in etwa 20 Vitrinen ausgestellt, deren Inhalt regelmäßig wechselt, je nach den von Kim und ihrem Mentor ausgewählten Themen.
Neue Minerale zu erwerben ist ebenfalls ein spannendes Abenteuer für Kim. Schenkungen ganzer Sammlungen können eines Morgens eintreffen und einen aufregenden Sortierprozess in Gang setzen, der sich über Wochen oder sogar Monate erstreckt. „Im Jahr 2020 wurde uns eine Sammlung aus Brasilien vermacht, die wir ausführlich sortiert und erfasst haben“, erläutert sie. „ Es kommt auch vor, dass wir besondere Minerale kaufen, deren Form außergewöhnlich ist oder deren chemische Zusammensetzung uns interessiert, um unsere Sammlung zu erweitern.“
FORSCHUNG
Der Aufbau von Wissen, das im Land und in der Welt einzigartig ist
Kim Totaro und Simon Philippo sind bedeutende Geologen, die auf luxemburgische Minerale spezialisiert sind. Das Museum besitzt eine entsprechende Sammlung, die „Quarze, Calcite und Hämatite aus dem Süden des Landes“ umfasst. Im Norden findet man eher „Kupfermineralisierungen – aus alten Kupferminen, die bis zum Zweiten Weltkrieg auf unserem Gebiet betrieben wurden“, legt die Forscherin dar.
„An den Mineralen lässt sich natürlich in gewisser Weise die soziale und wirtschaftliche Geschichte des Landes ablesen“, führt sie weiter aus. „Durch unsere Sammlungen taucht man ein in die Vergangenheit des Eisenbergbaus in der südlichen Minett-Region, auch Land der Roten Erde genannt, oder in den jahrzehntelangen Abbau von Antimon und sonstigen Mineralen wie Blei und Zink in anderen Teilen des luxemburgischen Staatsgebietes. Mein Kollege Simon hat sogar ein neues, höchst seltenes Mineral entdeckt, das Silber, Kupfer, Blei, Bismut und Selen enthält – eine atypische und vor allem einzigartige Zusammensetzung. Wir haben es Luxembourgit getauft.
Luxembourgit ist ein wahrhaft außergewöhnlicher Fund. Nur selten stößt man auf neue Minerale, und dass dieses nun auf unserem nationalen Boden aufgespürt wurde, ist ein unglaublicher Glücksfall. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entdeckung ist extrem gering.“
Kims Arbeit ist also nicht ausschließlich die einer Konservatorin, sondern auch die einer Forscherin, die sich darum bemüht, die mineralogischen Kenntnisse auf nationaler Ebene voranzutreiben – diesbezüglich arbeitet das Museum auf ständiger Basis mit der Universität Luxemburg zusammen. Luxemburg ist übrigens zunehmend darauf bedacht, sein geologisches, mineralogisches und paläontologisches Erbe zu klassifizieren. Wenn die Regierung heute eine Ausgrabung in einem Teil des Landes genehmigt, lädt sie neben Archäologen auch Mineralogen ein, die Erde zu untersuchen. „Rauszugehen und Proben neuer Minerale zu entnehmen, ist eine sehr interessante Arbeit“, freut sich Kim. „Wir gehen da mitunter auch thematisch vor. Aktuell beispielsweise erfassen wir in Zusammenarbeit mit einem anderen Geologen die Minerale der Flüsse dieses Landes.“
Der Horizont der Forschung reicht weit über unsere Grenzen hinaus und knüpft internationale Bande: Das MNHN-Team wird regelmäßig gebeten, mit wissenschaftlichen Köpfen aus Deutschland, Belgien, ja sogar Brasilien und vielen anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um gemeinsam einzigartige Exemplare zu untersuchen.
GLEICHSTELLUNG
Wissenschaftlerin trotz widriger Umstände
Es dürfte nicht weiter überraschen, dass die Mineralogie eher eine Männerdomäne ist. Kim gehört zu den wenigen Frauen, die hier Fuß gefasst haben. „Aber sehen wir’s positiv: Die Zahl der Wissenschaftlerinnen ist in den letzten Jahren konstant gestiegen“, unterstreicht sie. „Ich bin stolz, eine davon zu sein, selbst wenn man im Laufe meines akademischen Werdegangs immer mal wieder versucht hat, mich davon abzubringen, einem wissenschaftlichen Studium nachzugehen. Ehrlich gesagt habe ich aber auch viel Zuspruch erhalten.“
Kim zufolge leisten Frauen durch unterschiedliche Denkweisen und vielfältige Forschungserfahrungen einen bedeutenden Beitrag zur Wissenschaft.
„In der Wissenschaft ist jede Vielfalt willkommen, um die Perspektiven zu variieren. Es ist schwer zu sagen, was einen weiblichen oder männlichen Ansatz ausmacht, aber ich persönlich habe den Eindruck, dass meine weibliche Sensibilität in meinem Beruf durch eine größere Offenheit für die Schönheit der Proben zum Ausdruck kommt. Wo für meine Dozenten nur wissenschaftliche Betrachtungen zählten, erkenne ich auch einen ästhetischen Wert. Und Ästhetik ist Teil der Wissenschaft, das steht außer Frage!“
Wissenschaftsbegeisterten jungen Mädchen rät Kim, Kommentare von Personen, die sie abschrecken wollen, gar nicht zu beachten und sich stattdessen „auf ihre Ziele zu fokussieren“.
„In der Geologie-Mineralogie kommt es meiner Meinung nach auch darauf an, schnell das Thema zu finden, für das man brennt. Es gibt ungefähr 30 mögliche Spezialisierungen. Der eigene Werdegang wird kohärenter – mit einem direkteren Zugang zur Berufswelt – wenn man zunächst das Spektrum verengt und sich für ein konkreteres Fachgebiet entscheidet.“