Ob im Klassenzimmer oder bei sozialen Interventionen: So setzen eine Lehrerin und ein Sozialarbeiter/Interventionsprojektkoordinator ihr Fachwissen und ihre Leidenschaft für das Wohlergehen der Kinder in Luxemburg ein.
Sie haben unterschiedliche Hintergründe und Herangehensweisen, aber eine gemeinsame Berufung: junge Menschen zu begleiten und ihnen die besten Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung zu bieten. Sandra unterrichtet im Zyklus 4 der Grundschule in Schifflingen. Gilles ist Sozialarbeiter und Interventionsprojektkoordinator beim Nationalen Kinderhilfswerk (ONE). Ein Blick auf ihre spannenden Laufbahnen, die dem Wohlergehen von Kindern gewidmet sind.
Für Gilles und Sandra führten alle Wege dahin, sich für Kinder und Jugendliche einzusetzen. Sandra hegte schon als Kind den Wunsch, Lehrerin zu werden, und schlug eine akademische Laufbahn in Belgien ein, bevor sie ihren Platz in der luxemburgischen Grundschulbildung fand. Wenn Sie sehen könnten, wie sie inmitten ihrer Klasse voller Schüler mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund strahlt – ein höchst anregendes Umfeld! Gilles hingegen entdeckte seine Berufung erst später, nach einem sehr facettenreichen Werdegang: Er studierte Jura und war als Vertretungslehrer in der Grundschule tätig, bevor er einen Bachelor in Sozial- und Erziehungswissenschaften absolvierte. Als Sozialarbeiter und Interventionsprojektkoordinator beim ONE setzt er heute seine sozialpädagogischen Fähigkeiten ein, um Kinder und Familien in Schwierigkeiten zu begleiten und zu unterstützen.
Voraussetzung 1: Das Kindeswohl als oberste Priorität
Das in internationalen Rechtsinstrumenten wie der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Kindeswohl ist ein zentraler Begriff in den Bereichen Bildung und Sozialschutz. Es ist aber nicht nur ein abstraktes Prinzip. Vielmehr handelt es sich um einen konkreten Leitfaden, an dem sich die Arbeit von Sandra und Gilles orientiert.
„Jedes Kind muss sich ausdrücken können, Gehör finden und ein Umfeld genießen, das es ihm ermöglicht, in seinem eigenen Tempo zu lernen“, berichtet Sandra. Indem sie ihre Lehrmethoden an die unterschiedlichen Profile in ihrer Klasse anpasst, stellt sie sicher, dass jeder Schüler ungeachtet seiner Situation die gleichen Möglichkeiten hat, sein Wissen zu erweitern.
„Das Kindeswohl ist auch der Kompass, nach dem wir all unsere Interventionen im ONE ausrichten“, bekräftigt Gilles. Durch einen kooperativen Ansatz, der Eltern, Lehrkräfte, Psychologen und andere Fachleute einbezieht, koordiniert er abgestimmte Lösungen für Familien in belastenden Situationen – immer mit dem Ziel, die Sicherheit und Entfaltung der jungen Menschen zu gewährleisten.
Gleich ab dem ersten Kontakt geht es darum, die Bedürfnisse des Kindes zu verstehen, die Familiendynamik zu analysieren und sich auf die bereits mobilisierten Fachkräfte zu stützen. Dies kann je nach Situation zu Lösungen wie einer psychologischen Betreuung, einer sozialpädagogischen Begleitung zu Hause oder einer administrativen Unterstützung führen.
Voraussetzung 2: Empathie
Ob es nun darum geht, einem Schüler mit Schwierigkeiten oder einer Familie in prekärer Lage zu helfen – Empathie ist ein wichtiger Treibstoff. „Durch den Aufbau einer wohlwollenden Beziehung lernen die Kinder, sich zu öffnen und Fortschritte zu machen“, unterstreicht Sandra. Und Gilles ergänzt: „Empathie ermöglicht es, sich in andere hineinzuversetzen, aber es gilt auch eine gewisse Distanz zu wahren, um das eigene Gleichgewicht zu schützen.“
Voraussetzung 3: Zuhören
In ihren Berufen ist das Zuhören mehr als nur eine Fähigkeit, es ist eine Grundhaltung. Sandra beschreibt es so: „Kinder brauchen das Gefühl, dass man ihnen zuhört, um sich weiterentwickeln zu können. Im Unterricht bemühe ich mich, ihre Emotionen und Bedürfnisse zu verstehen, bevor ich ihnen etwas beibringe.“
Gilles steht an vorderster Front, wenn eine Familie eine schwierige Zeit durchmacht. Er erklärt: „Eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, auf ihre Schilderungen und Sorgen einzugehen, ist der Schlüssel, um komplexe Situationen zu entschärfen.“
Schritt für Schritt in den öffentlichen Dienst einsteigen
Um Lehrerin in Luxemburg zu werden, hat Sandra ein strenges Verfahren durchlaufen müssen:
- Einen Hochschulabschluss besitzen: Dieser muss vom Ministerium für Forschung und Hochschulwesen anerkannt sein.
- Die Sprachprüfungen (épreuves préliminaires linguistiques) bestehen: Das Beherrschen der französischen, luxemburgischen und deutschen Sprache ist für die Zulassung zum Auswahlverfahren (concours) unerlässlich.
- Sich im Auswahlverfahren einstufen: Diese Einstufung bestimmt, welche Bewerber geeignet sind, ihre Laufbahn im Bildungswesen zu beginnen.
- Ein mindestens einjähriges Referendariat (stage) absolvieren: Sandra ist direkt in eine Klasse des 6. Grundschuljahres (Zyklus 4) eingestiegen und kombinierte ihren Unterricht mit 60 Stunden Ausbildung am Institut de formation de l’Éducation nationale (IFEN).
- Ein Vertiefungsjahr durchlaufen: Dieses Jahr beinhaltet 48 zusätzliche Ausbildungsstunden am IFEN zur Erweiterung der pädagogischen Kompetenzen.
Einen vollständigen Überblick zu den Bedingungen und einzelnen Schritten finden Sie auf dieser Website.
Gilles stieß auf individuellere Weise zum ONE.
Seine Einstellung erfolgte auf der Grundlage seiner Erfahrung und seiner Kompetenzen, aber um als Sozialarbeiter tätig sein zu dürfen, muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die in einem Regelwerk festgelegt sind. Zur Ausübung des Berufs ist eine Genehmigung des Ministeriums für Gesundheit und soziale Sicherheit erforderlich. Diese verlangt:
- ein anerkanntes Diplom, das zur Ausübung des Berufs im Ausstellungsland berechtigt;
- Sprachkenntnisse – wenn die Muttersprache weder Französisch, Deutsch noch Luxemburgisch ist, muss ein Nachweis über die Sprachkenntnisse erbracht werden. Das erforderliche Mindestniveau in Französisch, Luxemburgisch oder Deutsch ist B2 (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen).
Talent 1: Organisationsgeschick
In ihren jeweiligen Berufen müssen Sandra und Gilles mit vielfältigen Prioritäten, ständigen Unwägbarkeiten und einer breiten Palette an Aufgaben jonglieren. Organisationstalent ist der Schlüssel, um ihr Handeln in konkrete Ergebnisse zugunsten der Kinder umzumünzen.
Sandra verfügt zwar über eine gewisse Flexibilität bei der Unterrichtsplanung, doch eine tadellose Organisation ist maßgebend, um sicherzustellen, dass jedes Fach gut abgedeckt ist. „Es ist wichtig, dass wir uns an die vorgegebenen Stunden halten und gleichzeitig den Inhalt so aufbereiten, dass die Schüler wirklich alles verinnerlichen können“, erläutert sie. Die Hauptfächer – Mathematik, Französisch und Deutsch – nehmen einen wichtigen Platz im Stundenplan ein, mit fünf Stunden Mathematik, zwölf Stunden Deutsch und Französisch pro Woche.
Organisationsgeschick ist für Gilles, bei dem kein Arbeitstag dem anderen gleicht, überlebenswichtig. „An manchen Tagen bin ich nonstop unterwegs zu Terminen mit Familien oder Partnern. An anderen Tagen bleibe ich im Büro und konzentriere mich auf den administrativen Teil meiner Arbeit: Protokolle, Berichte, Ausarbeitung von Interventionsprojekten. Im Schnitt bearbeite ich 25 Dossiers gleichzeitig. Das verlangt eine straffe Planung.“
Talent 2: Spezifische Vorgehensweise
Für Sandra ist das Unterrichten in einer heterogenen Klasse Alltag. „Oft gibt es Kinder mit besonderen Bedürfnissen in derselben Klasse“, erklärt sie. Sie sieht diese Besonderheiten als Chance, ihren pädagogischen Ansatz anzupassen: Bereitstellung von geeignetem Material, Umgestaltung des Klassenraums und manchmal auch eine gewisse Flexibilität in der Organisation, gemäß den individuellen Bedürfnissen.
Im Laufe ihrer Karriere hat sie zahlreiche Weiterbildungen belegt. Einige davon haben sie besonders geprägt und lassen sich gut in ihren Alltag integrieren: Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS), Lernen in Bewegung ... All diese Themen bereichern ihre Praxis und helfen ihr, jeden Schüler besser zu begleiten.
Gilles arbeitet unter ebenso komplexen Umständen, allerdings auf einer anderen Ebene. Wenn er eine Familie betreut, erstellt er zunächst ein Gesamtbild, wobei er sich auf Tools wie das Genogramm1 stützt. So kann er das Familiengefüge analysieren, vorhandene Ressourcen ermitteln und die spezifischen Bedürfnisse jedes Einzelnen besser abstecken. Doch damit ist es nicht getan. Familiäre Situationen können sich ändern, sodass er häufig die laufenden Maßnahmen anpassen muss. In einer Großfamilie kann es beispielsweise erforderlich sein, diverse Hilfestellungen zu mobilisieren: psychologische Betreuung für bestimmte Kinder, logopädische Begleitung für andere und pädagogische Unterstützung zu Hause, um den Eltern dabei zu helfen, wieder einen strukturgebenden Rahmen zu schaffen.
Talent 3: Anpassungsfähigkeit
Beide arbeiten in einem Umfeld, das ständige Flexibilität und unerschöpfliche Kreativität erfordert.
Sandra passt ihren Unterricht immer wieder an. „Der traditionelle Frontalunterricht von früher reicht nicht mehr aus, es gilt kreative Ansätze zu finden“, sagt sie. Sie setzt auf innovative Techniken – mit spielerischem Lernen, Gruppenarbeiten und thematischen Projekten. Außerdem bezieht sie kulturelle Unterschiede in ihren Unterricht ein:
„Eine Grammatikregel im Französischen mit ihrer Entsprechung in den anderen Sprachen der Schüler zu vergleichen, ist eine Möglichkeit, jedes Kind einzubeziehen und seine Einzigartigkeit wertzuschätzen.“
Auch bei Gilles ist jede Intervention persönlich zugeschnitten: „Es gibt kein Patentrezept.“ In manchen Fällen heißt es, psychologische Betreuung für die Kinder zu organisieren, in anderen geht es darum, pädagogische Unterstützungsdienste zu mobilisieren oder Probleme im Zusammenhang mit der Wohnsituation zu lösen. Gilles muss die gesetzlichen Auflagen mit den Erwartungen der Eltern und den vorrangigen Bedürfnissen der Kinder in Einklang bringen – ein Zusammenspiel, das ihm jedes Mal aufs Neue große Gewandtheit abverlangt.
Es ist offensichtlich: Es gibt nicht nur den einen Weg, sich für Kinder und Jugendliche zu engagieren. Sandra gestaltet in ihrem Klassenzimmer die Zukunft mit Geduld und Kreativität. Gilles baut Brücken zwischen Familien und Institutionen, um kritische Situationen zu überwinden. In beiden Fällen sind es die kleinen Dinge des Alltags – zuhören, verstehen, anpassen –, die Großes bewirken und Leben verändern. Lust, in ihre Fußstapfen zu treten? Lehrkraft oder Sozialarbeiter werden? Schließen Sie sich jetzt denjenigen an, die für Kinder und deren Zukunft den Unterschied machen.
1 Das Genogramm ist ein Schema, das die Mitglieder einer Familie, ihre Beziehungen und Dynamiken darstellt, um ihre Gesamtsituation besser zu verstehen.