Büro oder Baustelle? Strenge oder Flexibilität? Anne und Heidy, Ingenieurinnen bei der Straßenbauverwaltung, balancieren zwischen komplexen Berechnungen und unvorhersehbaren Ereignissen vor Ort. Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen eines Arbeitsalltags, in dem technische wie organisatorische Kompetenzen bei jedem Schritt gefragt sind.
Technische oder administrative Kompetenzen? Büro oder Außendienst? Strenge oder Flexibilität? Jedes Infrastrukturprojekt wirft diese und viele weitere Fragen auf. Anne und Heidy, Ingenieurinnen und Technikerinnen bei der Straßenbauverwaltung, jonglieren Tag für Tag zwischen Berechnungen, Unwägbarkeiten und Koordination der an den Infrastrukturprojekten beteiligten Akteure, um ihre Aufträge erfolgreich abzuwickeln. Die eine arbeitet in der Abteilung „Division des travaux neufs“, die andere in der Abteilung „Division voirie Luxembourg“. Zwei Werdegänge, zwei Aufgabenbereiche, aber dieselbe Leidenschaft für das Ingenieurwesen. Ein Einblick in ihren Alltag anhand der Entscheidungen, die ihren Beruf prägen.

Anne hat sich schon immer für die Planung und den Bau öffentlicher Infrastrukturen interessiert. Eine Zeit lang hatte sie mit dem Gedanken gespielt, Architektur zu studieren, entschied sich dann aber für Ingenieurwesen, da sie der technischere Ansatz dieses Berufs reizte – in der Überzeugung, dass dieser Weg genau zu ihr passen würde. Nach ihrem Bachelor-Abschluss an der Universität Luxemburg absolvierte sie mehrere Praktika, bevor sie zur Straßenbauverwaltung stieß. Heute arbeitet sie in der Abteilung „Division des travaux neufs“, wo sie Großprojekte koordiniert, die hauptsächlich mit Autobahninfrastruktur und strategischer Stadtplanung zu tun haben. Zu ihren Aufgaben gehören die Planung der Baustellen, die Verwaltung der Genehmigungen und die Überwachung der Arbeiten.


Heidy entdeckte ihre Berufung bei der Arbeit an Projekten für Außenanlagen und Kanalisation. Im Anschluss an ihr Ingenieurstudium, das auch sie in Luxemburg absolvierte, war sie in diversen Planungsbüros tätig, bevor sie zur Abteilung „Division voirie Luxembourg“ kam. Ihr Arbeitsalltag? Die Leitung der Straßenbauarbeiten, die Koordination mit den Bauunternehmern sowie die Betreuung der Projekte in den einzelnen Phasen, von der Machbarkeitsstudie bis zur Ausführung. Sie liebt die Arbeit vor Ort und wechselt zwischen Planung und Aufsicht – immer bereit, auf Unvorhergesehenes zu reagieren.
Praxiserfahrung oder akademische Ausbildung?
Von der Schulbank bis zu den ersten konkreten Erfahrungen auf Baustellen – ein Ingenieur bei der Straßenbauverwaltung lernt nie aus! „Aber die Erfahrung vor Ort ist ohne Zweifel am lehrreichsten“, erklären Anne und Heidy unisono. Das Studium hat ihnen zwar eine solide Grundlage vermittelt, doch die Realität auf der Baustelle hat schnell die Oberhand gewonnen.
„An der Uni lernt man, doppelte Integrale zu berechnen, aber in der Praxis sind Addition und Subtraktion wichtiger“, amüsiert sich Heidy.
Anne pflichtet ihr bei: „Eine Brücke verhält sich nie genau so, wie es in den Plänen vorgesehen ist. Da gilt es zu beobachten, sich anzupassen.“

Französisch, Deutsch, Englisch oder Luxemburgisch?
In ihrem Arbeitsalltag ist das Beherrschen mehrerer Sprachen unerlässlich.
„Im Büro arbeiten wir ausschließlich auf Luxemburgisch“, erklärt Heidy. „Auf den Baustellen hängt es jedoch ganz von den anwesenden Bauunternehmern ab: Je nach Gesprächspartner wechseln wir oft zwischen Französisch und Deutsch.“ Anne bestätigt: „Englisch wird selten gesprochen, aber hin und wieder müssen wir darauf zurückgreifen, wenn sich die Firmen untereinander nicht verstehen. In solchen Fällen fungieren wir dann als Vermittler und Übersetzer.“
Diese sprachliche Flexibilität ist eine Gewohnheit, die man sich aneignen muss, aber kein Hindernis: „Mit der Zeit wird es ganz natürlich.“
Büro oder Baustelle?
Verbringt ein Ingenieur mehr Zeit mit Entwurf und Planung in seinem Büro oder mit der direkten Leitung der Arbeiten vor Ort?
„50 % Büro, 50 % Außendienst wäre ideal“, meint Heidy. Aber wie sieht es in der Praxis aus? „Je nach Projektphase kann ich wochenlang in Besprechungen sitzen und dann wieder tagelang auf der Baustelle arbeiten.” Gleiches gilt für Anne: „Es gibt Wochen, in denen ich mein Büro nicht sehe, und andere, in denen ich in Plänen und Genehmigungen versunken bin.”
Planung oder Anpassungsfähigkeit?
Die Ingenieurinnen planen alles – mit Ausnahme des Unvorhersehbaren.
„Wetterbedingungen, instabile Böden, nicht kartierte unterirdische Leitungsnetze ... Man muss sich ständig anpassen“, betont Heidy. Anne erläutert: „Wir führen Bodenuntersuchungen durch, aber zwei Meter weiter kann die Realität schon ganz anders aussehen. Da muss man reagieren können.“ Diese Unwägbarkeiten erfordern Flexibilität, selbst in einem strengen regulatorischen Rahmen. „Öffentliche Aufträge gehen mit strikt geregelten Verfahren sowie hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen einher. Da bleibt kaum Spielraum“, erklärt Anne. Aber vor Ort verlangt die Realität auch Anpassungsfähigkeit. „Manchmal zwingen uns unerwartete technische Probleme oder lokale Gegebenheiten dazu, unsere Pläne zu überarbeiten oder unsere Entscheidungen zu überdenken, um uns an die Situation anzupassen, ohne dabei die gesetzlichen Vorschriften zu verletzen“, fügt Heidy hinzu. „Ein Plan ist ein Rahmen, kein Gefängnis. Man muss nachjustieren können, ohne die Sicherheit und Qualität zu beeinträchtigen. Hier kommt unser Fachwissen zum Tragen.“

Allein oder im Team?
Auch wenn eine gewisse Eigenständigkeit erforderlich ist, um ein Projekt voranzubringen, bleibt Teamwork die Norm. „In meiner Abteilung arbeiten wir immer zu zweit oder zu dritt. Jeder bringt sein Fachwissen ein, und wir unterstützen uns gegenseitig“, sagt Anne.
Heidy fügt hinzu: „Wenn man ein Projekt von A bis Z betreut, kann man den Entwurfsteil allein bearbeiten. Doch sobald es an die Umsetzung geht, erfolgt alles im Zusammenspiel mit Planungsbüros, Unternehmen und Behörden.“
Freiheit oder Regulierung?
Die Infrastrukturprojekte, in die sie sich einbringen, unterliegen einem strikten Regelwerk, wie es in der gesamten Baubranche der Fall ist.
„Oft knappe Fristen, strenge Verfahren ... Wir haben keine Wahl“, erklärt Heidy. Aber eine gewisse Freiheit bleibt. „Bei der Auswahl der technischen Lösungen, bei der Organisation der Arbeiten oder sogar bei der Auswahl der Pflanzen für eine Baustelle“, ergänzt sie und verweist auf ein Stadtsanierungsprojekt, an dem sie mitgearbeitet hat.
„Wir konnten die Baumarten und die Anordnung der Grünflächen bestimmen, um eine bessere Integration in die Landschaft und eine Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten zu gewährleisten.“

Ein einziger Unternehmer oder mehrere Akteure?
Die Vorgehensweise unterscheidet sich je nach Projekt.

„In der Regel haben wir einen einzigen Bauunternehmer mit Subunternehmern“, erklärt Heidy. Dies vereinfacht die Verwaltung, setzt jedoch eine erhöhte Wachsamkeit in Bezug auf die Qualität der Leistungen der Subunternehmer voraus. „Manchmal wird die Koordination zur Herausforderung, da jeder Beteiligte seinen eigenen Rhythmus und seine eigenen Vorgaben hat“, präzisiert sie.

Anne gibt zu bedenken: „Auf Großbaustellen wird manchmal in einzelne Lose unterteilt. Jedes Los kann an einen anderen Auftragnehmer vergeben werden, was eine gewissenhafte Abstimmung an den Schnittstellen zwischen den einzelnen Akteuren erfordert. Hier kommt es auf gute Koordination an. Eine Verzögerung bei einem Los kann sich auf das gesamte Projekt auswirken.“
Frauen im Ingenieurwesen: hartnäckige Vorurteile oder gefeierte Kompetenzen?
Wie ist es, als Frau in einem traditionell männlichen Beruf zu arbeiten?
„Manchmal werden wir neugierig beäugt, aber letztlich punkten wir mit unserer Kompetenz“, sagt Anne entschieden. „Was vor allem zählt, sind Glaubwürdigkeit und Erfahrung.“
Heidy pflichtet ihr bei: „Da hat sich einiges getan. Am besten überzeugt man schlichtweg mit seiner Arbeit!“
Noch ist nicht jedes Team gleichermaßen mit Frauen besetzt. Heidy unterstreicht: „In meiner Abteilung ist das weibliche Geschlecht gut vertreten.“
„Die Dinge entwickeln sich, auch wenn Frauen im Ingenieurwesen und auf Baustellen nach wie vor in der Minderheit sind“, stellt Anne fest.
Tag für Tag tragen Anne und Heidy dazu bei, Luxemburg zwischen technischen und organisatorischen Herausforderungen mitzugestalten. Mit einem ebenso rigorosen wie flexiblen Ansatz ebnen sie den Weg, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Möchten auch Sie zum Bau und zur Gestaltung der Infrastruktur Luxemburgs beitragen?

Erkennen Sie sich in Anne oder Heidy wieder?
Wenn Sie – wie sie – Ihre technischen Kompetenzen in den Dienst grundlegender Strukturvorhaben für das Land stellen möchten, informieren Sie sich über die Karrieremöglichkeiten bei der Straßenbauverwaltung.